Eigentlich mag ich Kategorisierungen nicht so sehr, aber wir müssen sie oft vollziehen, um eine Orientierung zu haben, wenn wir miteinander kommunizieren. Da auf der Erde das Prinzip der Dualität herrscht, sind wir schnell am Einteilen von Situationen, Zuständen, Erfahrungen, Eigenschaften usw. in gut oder schlecht, hilfreich oder sinnlos, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Ich glaube, das ist der Sinn von Sprache: Sie versucht, Bezeichnungen für alles im Kosmos Existierende zu finden. Entscheidend ist jedoch, welche Assoziationen ein Wort weckt. Diese können von Mensch zu Mensch völlig unterschiedlich sein: So passiert es, dass man vielleicht aneinander vorbeiredet. Obwohl dieselben Worte verwendet werden, begreift sie jeder anders. Besonders bei Streitgesprächen muss daraufhin meist eine Begriffsklärung stattfinden, damit Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden:
„Was verstehst du eigentlich unter dem Wort …?“
Etwas in Worte zu fassen, birgt aber auch die Gefahr der Festlegung, die dann dazu führt, dass man weitere, noch verborgene Aspekte der bezeichneten Sache oder das wahre Wesen der Dinge nicht mehr wahrnimmt bzw. zulässt. Ist man voreingenommen und die „Schublade im Kopf“ erst einmal zu, entsteht eine feste Meinung, die unverrückbar wird und zur Starre im Denken führen kann.
Schon früh wurden wir dazu erzogen, in schwarz und weiß einzuteilen.
Es ist uns in Fleisch und Blut übergegangen, alles, was uns begegnet, verstandesgemäß zu bewerten und in gut und schlecht zu kategorisieren. Selbst ich ertappe mich regelmäßig dabei und wundere mich dann oft über diesen Automatismus. Dann denke ich:
„Ich will nicht so sein!“
Aber es passiert mir trotzdem, ohne dass ich mich dagegen wehren kann. Sicherlich ist es nicht nur bei mir so: Der Kopf möchte so vieles, doch es gibt sogenannte Programme, die unbewusst ablaufen und das Verhalten beeinflussen. Die Frage ist, welches Resultat am Ende dabei herauskommt! Verursacht es beim Absender und seinen Mitmenschen Leid oder dient es ihnen in positiver Weise?
Ich möchte behaupten, dass jeder im Grunde ein guter Mensch sein will. Wer religiös geprägt wurde, bei dem ist dieses Streben besonders stark vorhanden. Selbst wenn man mit Religion oder Glaube nichts am Hut hat, meine ich, dass wir alle dieses Ziel verfolgen – mehr oder weniger bewusst. Doch auf dem Weg dahin kann so manches geschehen, was uns nicht gefällt oder zum Gegenteil von dem führen, was wir uns vorgenommen haben. Nicht selten kommt es zu Situationen im Alltag, in denen man sich irrational verhält und Dinge tut, die von der Masse der Gesellschaft eher als ungut oder unmoralisch verurteilt werden.
Wie verhält es sich, wenn einem im Leben etwas passiert, was man eigentlich nicht angestrebt hat bzw. unbedingt vermeiden wollte? Einige Beispiele:
- Man verliebt sich, trotz einer augenscheinlich guten bestehenden Partnerschaft in einen anderen Menschen, ist nicht in der Lage, sich gegen seine Gefühle zu wehren und lässt sich mit schlechtem Gewissen doch auf eine vorerst heimliche Beziehung ein...
- Man verursacht aufgrund von Unachtsamkeit unabsichtlich einen Autounfall und ist für materielle, aber auch physische Schäden anderer Beteiligter verantwortlich...
- Man verliert wegen einer belastenden, lange angespannten Situation die Fassung, flippt sozusagen aus und schreit sein Gegenüber respektlos an, obwohl man sich vorgenommen hatte, ruhig, versöhnlich und wohlwollend zu bleiben...
- Man wollte eine gute Mutter oder ein guter Vater sein, sich in bestimmten Situationen niemals wie seine Eltern verhalten, und plötzlich stellt man nach einem Ereignis mit Schrecken fest, dass man es doch tut...
- Man schafft es nicht, sich vor lauter Wut zu beherrschen, es rutscht einem die Hand aus, selbst wenn man Gewalt verabscheut. Nachher wundert man sich über sich selbst...
- Man bemerkt, dass man doch nicht so viel Toleranz und Geduld gegenüber seinen Mitmenschen aufbringen kann, wie man dachte - trotz der Überzeugung, dass diese Qualitäten wichtig und sinnvoll
sind...
Wie schnell tauchen nach solchen Ereignissen unangenehme Schuldgefühle oder Gedanken des Versagens auf, weil man sein Ideal nicht erreicht hat bzw. weit davon entfernt ist. Wer sich permanent in einem Wechselbad der Emotionen befindet, kann daran verzweifeln. Sobald destruktive Gefühle Überhand gewinnen, entsteht eine Situation, aus der man nur durch eine bewusste Absichtserklärung wieder herauskommt. Zuvor ist es sinnvoll, folgende Fragen zu stellen:
„Worauf möchte ich mich in Zukunft konzentrieren? Was möchte ich nicht mehr nähren? Welche Lebensbereiche verdienen meine volle Aufmerksamkeit und Energie?
Bevor man sich an die Umsetzung in die Praxis macht, dürfen erst einmal die in einem bisher angesammelte Destruktivität und Disharmonie verwandelt und verabschiedet werden...
Seit April 2020 ist mir klar geworden, wie viel Unfrieden in mir ist. Ausgelöst durch die Reaktion unserer Regierung auf einen Virus. Mich haben die unverhältnismäßigen Maßnahmen und Lösungsvorschläge ungeheuer wütend gemacht. Gelassenheit – Fehlanzeige! Wie auch, wenn Unrecht praktiziert wird und seit Monaten grundlegende Menschenrechte nicht mehr gelten! Wie lange soll das noch andauern, frage ich mich?
Doch ich will dieses Thema nicht genauer ausführen, sondern erwähnen, dass ich seit Frühjahr letzten Jahres Facetten an mir entdeckt habe, die mich selbst, aber auch Menschen überrascht haben,
die meinen Blog schon seit längerer Zeit verfolgen, in dem ich vor der Pandemie eher von Frieden, Wohlwollen und Positivität schrieb. Einmal fragte mich eine Leserin auf facebook:
"Wo ist der wohlwollende Robert geblieben?"
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich jemals so richtig rebellisch war – jetzt bin ich es – gepaart mit einer Portion Sarkasmus und Ironie. Verfolge ich das aktuelle politische Tagesgeschehen, ärgere ich mich deutlich mehr als früher. Politik hat mich in der Vergangenheit kaum interessiert, nur jetzt bin ich von Entscheidungen der Regierenden betroffen. Viele Dinge haben sich geändert...
Mir gelingt es immer noch nicht, nach buddhistischer Manier einfach über alles Negative hinwegzusehen, es ohne Bewertung sein zu lassen, obwohl ich es gerne würde.
Mir ist klar, dass ich aufpassen muss, was ich mit meiner Aufmerksamkeit und Energie nähre,
und dennoch registriere ich, wie ich phasenweise aus meiner Mitte gerate. Alles wechselt sich ab mit Momenten, in denen ich fühle, dass es eine höhere Instanz gibt, die mich durch den Wirbelsturm des Lebens führt. Folglich spüre ich beispielsweise Vertrauen, Mut, Zuversicht und glaube unerschütterlich an eine Wende und an das Gute im Menschen.
Und dann reißt mich eine neue negative Nachricht wieder aus meiner Zentrierung. Geht es Dir auch so? Mein Kopf weiß natürlich, was gut wäre, beispielsweise wieder Frieden und Gelassenheit in sich herzustellen, doch wie gelingt das? Nicht jeder kann seinen Ärger, seine Wut und Sorgen einfach weg meditieren. Ich bin jedenfalls kein Meditationstyp, der stundenlang auf seiner Yogamatte sitzt. Mir fällt das extrem schwer... Aber zurück zur Selbstreflexion:
Wer oder was kämpft da in einem?
Wer sich mit Spiritualität und Psyche beschäftigt hat, der kennt die Bezeichnung: „Licht- und Schattenseite“. Sind es diese beiden Seiten, die in jedem Menschen existent sind und Geist, Seele und Körper Tag und Nacht beeinflussen? Man könnte es auch mit biblischen Worten beschreiben:
Jeder hat einen Engel und Teufel in sich. Diese Prinzipien wirken unter anderem im Menschen.
Wie anfangs erwähnt, teilen wir ziemlich schnell in Gutes und Schlechtes ein. Das Positive, Lichtvolle und die guten Eigenschaften in uns bejahen wir bereitwillig. Es fällt uns leicht, doch was ist mit den inneren Schattenseiten, die uns ganz und gar nicht entsprechen, uns sogar Angst bereiten? Wir verdrängen sie gerne – oft unbewusst. Religiöse und weltliche Moral- und Erziehungsregeln fördern diesen Prozess. Zum Beispiel verabscheuen viele, die gute Menschen sein wollen, die Emotion Zorn und Wut (in der katholischen Kirche gilt sie als eine der sieben Todsünden). Eine verstärkte Form davon ist der Hass.
Jemanden oder etwas zu hassen ist keine Tugend und wird sofort gerügt, wenn es von Mitmenschen bemerkt wird, zumindest war das in meiner Kindheit so. Doch sind solche Gefühle nun einmal präsent und können nicht durch eine bloße Ermahnung ohne Weiteres zum Verschwinden gebracht werden.
In der Psychotherapie oder in der energetischen Heilarbeit schaut man sich vor allem die negativen und verdrängten Emotionen genauer an.
Wer sie - ohne es zu wissen - sozusagen in den Schattenanteil der eigenen Persönlichkeit geschoben und sie nicht geklärt hat, der verursacht damit eine Manifestation dieser Energien, beispielsweise in Form von körperlichen oder psychischen Krankheitssymptomen und macht sie sie sicht- und fühlbar. Sicherlich hast Du auch schon gehört, dass in vielen therapeutischen Systemen empfohlen wird, negative Gefühle nicht abzulehnen, denn sonst entstehen Blockaden.
Auch wenn es schwer fällt:
Selbst die Disharmonie und alle damit verbundenen Schwingungen wollen gesehen, gefühlt und letztendlich angenommen werden. Sie gehören zum Menschsein dazu. Ein Weghabenwollen führt zum
Gegenteil: Alles Verdrängte sammelt sich an, holt einen wieder ein und verfolgt einen sogar früher oder später...
Jedes Mal, wenn sich ein Ratsuchender in einer Sitzung aufgrund destruktiver Emotionen schuldig fühlt und ich während des Gespräches zum Beispiel das Gefühl Hass wahrnehme, dann vermittle ich meistens:
„Du darfst hassen! Lass es zu. Dränge nichts weg. Verurteile Deinen Zustand nicht, sondern beobachte nur! Spüre nach, was hinter dem Hass steckt! Oft geht es um ein grundlegendes und unbewusstes Thema - meist etwas Ungelebtes, das entdeckt werden will!“
Schon das Wahrnehmen und Anschauen eines Gefühls kann etwas in Gang bringen und Festsitzendes in bestimmten Körperregionen befreien. Hast Du bereits die Vorahnung, dass Du diese Klärungsarbeit angehen darfst, dann:
Nutze die Energie von negativen Gefühlen, nachdem Du sie mit Deiner Aufmerksamkeit durchdrungen hast!
Frag Dein Innerstes, in welches positive Gefühl Du sie gerne verwandeln möchtest! Ja, dazu bist Du in der Lage! Ein erfahrener Therapeut oder innerwise Mentor oder -Coach kann Dir dabei helfen, falls Du meinst, es nicht alleine zu schaffen. Er führt während einer Sitzung vielleicht eine heilsame Bilderreise mit Dir durch, damit Du Negatives erlösen kannst. Wir innerwise Therapeuten nennen es "geführtes Imago"...
Wer seine Schattenseite nicht wahrnimmt und sie nicht anerkennt, der wird irgendwann krank. Mittlerweile ist meine Auffassung: Wir Menschen haben das, was wir als "böse" einstufen, immer in uns - unabhängig davon, ob wir meinen, gut zu sein. (Es kommt auf die Lebensumstände an.)
Je früher, wir uns dies eingestehen, desto eher verlassen wir das Schwarz-Weiß-Denken sowie das Kategorisieren und Beurteilen. Wer Angst davor hat, er könnte seine Macht unkontrolliert
missbrauchen, dem empfehle ich, das höchste Wohl im Blick zu haben und sich dahingehend auszurichten. Ich liebe folgende Formulierung:
"Ich orientiere mich in meinem Dasein am höchsten Wohl aller Beteiligten. / Ich setze meine Kräfte nur zum höchsten Wohl des Universums ein."
So kann man niemandem schaden... Bei "alle Beteiligten" ist man auch selbst gemeint, sowie alle Geschöpfe, die existieren, mit denen man in Verbindung steht. Am Ende geht es darum zu entscheiden, welche Seite man in sich stark machen möchte, ist es die lichte, dann braucht die schattige trotzdem Aufmerksamkeit:
Wenn wir alles in uns ablehnen, was wir als ungut einstufen, bleiben wir gefangen. Die daraus resultierende Stagnation behindert unsere Weiterentwicklung. Mit der bewussten Auseinandersetzung mit uns selbst, kann es wieder umgekehrt werden. Es ist ein fortwährender Prozess.
Wir entscheiden, in welchem Maße wir universelle Kräfte in uns wirken lassen. Versuchen wir uns vom trennenden Denken zu verabschieden, kann innerer Frieden entstehen. Besonders in den vergangenen Wochen musste ich mich selbst daran erinnern...
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