Falls es einen Gott gibt,

Urheberrecht: grace21 (Foto: ©iStock.com)
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warum lässt er dann so viel Leid in der Welt und bei den Menschen zu? Diese Fragestellung höre ich immer wieder. Früher als Jugendlicher war mir das ebenfalls ein Rätsel.

 

Bevor ich weiter ausführe, bedarf es einer Klärung der heutzutage gebräuchlichen Bezeichnungen: Ich frage die Menschen, die sich in meiner Praxis beraten lassen, welche Lebensanschauung sie haben, ob sie an Gott glauben. Dabei nenne ich Alternativen zu diesem Wort und versuche zu erfahren, welche Bezeichnung sympathisch ist: "Wir könnten statt Gott auch sagen: Das Göttliche, das All-Eine, das große Ganze, das Universum, die höhere Kraft, die alles geschaffen hat."

 

Unsere Sprache und ihre Worte begrenzen das Verständnis dessen, was hinter allem in der Welt wirkt. Es heißt im Deutschen "der Gott", mit männlichem Artikel, doch wenn (laut Bibel) die Menschen sich von Gott kein Bildnis machen sollen, dann dürfen wir uns auch nicht von "der, die, das" in die Irre leiten lassen! Das Geschlechtswort "der" lässt manche Gläubige die weibliche Komponente vergessen, wahrscheinlich ist deswegen die katholische Kirche so, wie sie heute ist: Meinen Beobachtungen nach werden Frauen nicht als den Männern ebenbürtig angesehen...

 

Als ich Ministrant war, gebrauchten die katholischen Pfarrer statt "Gott" häufig "Herr". Eigentlich müssten wir, wenn wir von Gott sprechen eher Gott-Göttin sagen oder Göttin-Gott, um auch in der Sprache Männlichkeit und Weiblichkeit den gleichen Stellenwert zu geben. Denn wenn es einen Gott gibt, dann hat er ja sicherlich nicht ohne Grund beide Geschlechter geschaffen.

 

Und außerdem, wer sagt denn, dass der besagte Gottvater oder Herr, den z.B. Katholiken anbeten, tatsächlich eine "Person" ist? Ich spreche gerne von "göttlichen Instanzen", die sich für das menschliche Bewusstsein eher als Einheit präsentieren. Ich ahne, dass das Wort "Gott" im Grunde nicht reicht - möglicherweise ist es nur ein Überbegriff.

 

Es gibt weitere Bezeichnungen für göttliche Prinzipien, z.B. der Vater, Gottes Sohn/Jesus Christus, der Heilige Geist (kirchlich als Trinität bezeichnet), Gottesmutter Maria usw. Mir fallen auch diese Worte ein: Urschöpfer oder die Quelle allen Seins. Was ist jetzt richtig? Ist alles eins und dasselbe? Ich bin kein Theologe und habe auch nicht vor, lange theologische Abhandlungen zu lesen.

 

Ist das, was Religionsanhänger glauben überhaupt wahr?

Religiös geprägte Menschen, die ich kennenlernte, vermittelten mir im Allgemeinen immer eine Vorstellung von: Gott ist oben, wir Menschen sind auf der Erde. Im Katholizismus gibt es den Teufel, der sich in der Unterwelt befindet, der uns ständig in Versuchung führt... So dachte ich früher auch. Doch als junger Mensch begann ich alles Gesagte zu hinterfragen. Selten konnte ich Dinge, die Gläubige als selbstverständlich ansahen, einfach stehen lassen.

 

Mein Gefühl meldete sich ständig mit einem Unwohlsein und Zweifeln: "Ist das Überlieferte wirklich wahr?" Ich beschäftigte mich viel mit dem christlichen Glauben. Es gab eine Zeit, in der ich daran zweifelte, dass es diesen Gott, von dem alle Christen reden, auch tatsächlich gibt! Die Katholiken antworteten mir: "Du musst nur glauben und nicht ständig hinterfragen..." - natürlich war diese Antwort für mich überhaupt nicht zufriedenstellend.

 

Wie auch immer jemand, der kein Atheist ist, die höheren Instanzen bezeichnet, ich möchte zur Vereinfachung weiterhin das Wort "Gott" oder "das Göttliche" verwenden. Wenn es einen Gott gibt, warum lässt er so viel Leid zu? Ich würde antworten:

 

Gott hat uns geschaffen, er hat uns den freien Willen und die Entscheidungsfreiheit gegeben. Wir können entscheiden, auf welche Seite wir uns begeben bzw. welchen Kräften wir zuarbeiten. Unterstützen wir Aufbau oder Zerstörung, Frieden oder Krieg? Lassen wir anderen die Freiheit und nehmen wir sie so, wie sie sind? Oder manipulieren wir unsere Mitmenschen und wollen sie mit Gewalt verändern? Wir können uns fragen, was wir in die Welt tragen: Kritik, Missmut, Kampf, Lüge, Antipathie, Unfreundlichkeit oder lieber Wertschätzung, Freundlichkeit, Kooperation, Wohlwollen und Wahrheiten?

 

Was hinterlassen wir bei den Leuten, mit denen wir in Kontakt stehen? Verwirrung oder Erkenntnisse? Verstören wir, oder inspirieren wir? Welche Erinnerung bleibt nach Begegnungen beim Gegenüber? Ein wichtiges Element ist für mich das Bestreben, liebevoll miteinander umzugehen (das klappt natürlich nicht immer). Grundvoraussetzung hierfür ist die Liebe zu sich selbst und die Wertschätzung der eigenen Persönlichkeit. Die Achtsamkeit gegenüber körperlich-geistig-seelischen Bedürfnissen spielt ebenfalls eine große Rolle.

 

Die Aufgaben des Menschen: Liebe leben und Weiterentwicklung

Meine Auffassung ist: Das Göttliche hat uns Gelegenheiten zur Weiterentwicklung geschaffen. Wir dürfen in uns Eigenschaften zur Geltung bringen, die zwar angelegt, doch noch nicht völlig ausgeprägt sind. Der Mensch hat die Aufgabe, Liebe in die Welt zu tragen bzw. die Welt mit seiner Liebe zu verändern, zu verbessern, einen lebenswerten Ort zu schaffen u.v.m.

 

Gleichzeitig darf uns klar werden, dass wir auch dualen Prinzipien ausgesetzt sind. Es gibt keinen Tag ohne die Nacht, nichts Heißes ohne das Kalte, kein Leben ohne den Tod. Somit gibt es neben Gesundheit die Krankheit und neben Glück das Leid. Alle Gegenpole sind auf der Erde vorhanden. Das heißt ebenfalls, dass es nie gute Erfahrungen geben wird ohne die schlechten. Die Seele eines Menschen braucht die Gesamtheit, um zu wachsen (auch wenn diese in all ihren Facetten unangenehm ist).

 

Krankheit, Leid und Negatives wünscht sich keiner, doch sind diese Vorkommnisse immer Hinweise für denjenigen, der sie erfährt. Sie sind immer ein Zeichen davon: Es herrscht Destruktivität, im Leben fehlt Liebe und Wahrhaftigkeit. Man verfolgt Ziele/Wünsche, die nicht zum Lebensplan passen...

 

Eine Erkrankung ist für mich nicht die "Strafe Gottes"

Schicksalsschläge schockieren die Betroffenen schlagartig und stürzen sie in eine Krise. Gleichzeitig ist jede Krise wiederum eine Chance und bietet für die Seele ungeheures Lernpotenzial. Davon berichten viele, die Dramatisches erlebt haben und erst Jahre später Klarheit darüber erhielten, welchen Sinn z.B. der plötzliche Tod des Partners oder eine bestimmte Krankheit hatten.

 

In meinen Augen irrt jemand, der eine Erkrankung als Bestrafung Gottes ansieht (viele ältere Religionsanhänger glauben dies). Mich stört es, wenn jemand mit der alten Angstmasche argumentiert: "Sei brav, sei ein guter Mensch, sonst wirst Du bestraft..." - eine typische menschliche Eigenschaft, die in der Kindererziehung regelmäßig Anwendung findet.

 

Meiner Meinung nach müssen wir aufhören, wertende Begriffe zu verwenden. Wie oft sprechen wir ein Urteil: "Das, was mir passiert ist, ist schlecht!" Auch Worte wie "gut/böse" helfen nicht beim Annehmen von Herausforderungen. Ich glaube nicht an einen strafenden, sondern an einen liebevollen Gott, der jedes Geschöpf sein lässt, wie es ist.

 

Wenn wir alle die Freiheit bekommen haben,

o  unserem Herzen zu folgen oder dagegen mit Kraft anzukämpfen,

o  die göttliche Vorsehung anzunehmen oder ihr zu widerstreben,

o  den für jeden von uns vorgesehenen Seelenaufgaben hinzugeben oder es nicht zu tun,

 

dann ist eine Welt, in der die Menschen auch anderen Instanzen (Macht, Geld, Bereicherung auf Kosten anderer etc.) folgen, nur logisch.

 

Es wird immer Plus und Minus geben, und für mich ist die Aufgabe, sich weder nur im Plus, noch nur im Minus zu bewegen. Es muss eine weitere Möglichkeit geben - den dritten Weg, die Mitte! Eine große Aufgabe, die Balance zu halten und sich nicht von den Gegenpolen fangen zu lassen. Jeder weiß wohl: Das richtige Maß ist entscheidend...

 

Vielleicht hält sich Gott aus dem Weltgeschehen komplett heraus? Vielleicht vertraut er, der uns alle Möglichkeiten gegeben hat, darauf, dass wir aus freien Herzen die richtigen Entscheidungen treffen!? Wenn jemand von seinem ursprünglichen Weg abgekommen ist, bekommt er jeden Tag aufs Neue die Chance, etwas zu verändern und umzukehren.

 

Es beginnt mit den Gedanken, die man denkt. Eine Inspiration hat sich mir besonders stark eingeprägt: Es wird immer gelehrt, dass wir den göttlichen Funken in uns haben (und somit die göttliche Weisheit). Das kann ich gut annehmen. Demnach gibt´s für mich kein "Gott ist über uns, und wir sind die kleinen Menschen, die seiner nicht würdig sind"! (So kam es mir in der katholischen Kirche vor.)

 

Im spirituellen Bereich hört man immer, dass wir selbst unsere eigenen Götter sind. Wir sind die Schöpfer unseres Lebens und unserer eigenen Erfahrungen. Je nach dem, was wir denken, wie wir sprechen und handeln - abhängig davon, wem oder was wir folgen, zeigt sich unsere Realität. Wer leidet, krank und unzufrieden ist, verletzt oder schlecht behandelt wurde, muss sich fragen, was in seinem Innersten diesen Zustand ausgelöst hat!

 

Überwiegend ist das die Folge von lieblosem und trennendem Denken, z.B. Kritik, Verurteilung und Opferdasein. Um da herauszukommen, ist es wichtig, sich seinen Schattenseiten zu stellen, Konflikte aus der Kindheit zu befrieden und vor allem die Selbstliebe, das Selbstwertgefühl sowie das Vertrauen in das eigene Ich (mit all seinen verborgenen Potenzialen) zu stärken.

 

Warum lässt Gott Kriege und Gewalt zu?

Wer sich selbst liebt, wer Vertrauen statt Angst in sich trägt, wer Mitgefühl entwickelt, wer seine innere Ladung* geklärt hat, und wer Menschen sein lassen kann, wie sie sind, der wird keine Kriege im Außen anzetteln.

 

Wer darauf vertraut, dass er vom großen Ganzen immer versorgt werden wird, der wird auch anderen nie etwas wegnehmen (aus Angst, nicht genug zu bekommen). Wer alle und alles wertschätzt, der wird niemals andere ausbeuten, sondern wird mit der Gewissheit durch die Welt gehen, dass "Mutter Natur" genug für alle bereitstellt...

 

Kriege sind in meinen Augen Ausdruck von Negativität, Gier, Intoleranz, Verurteilung, Kontrollwahn und angesammeltem Hass der Bevölkerung bzw. der Machthaber. Wieso sollten göttliche Kräfte hier eingreifen, wenn wir Menschen die Aufgabe haben, diese Zustände eigenverantwortlich zu überwinden? Frieden und Versöhnungsbereitschaft kann nie durch Zwang entstehen, sondern ist durch innere Einsicht, aus dem Herzen heraus zu entwickeln. Jeder Mensch darf früher oder später erkennen, dass ein ewiger Kreislauf gewaltvoller Taten auf Dauer sinnlos ist...

 

Auch Krankheiten und Unfälle erschaffen wir uns selbst bzw. sie "sind von uns geplant", damit wir erkennen und umkehren können! Geist und Seele haben sich diese Hinweise ausgesucht. Das menschliche Ego oder der dominante Verstand will immer mehr und mehr (ignoriert Signale, bis zum Burnout). So überhören wir die göttliche Stimme in uns, die weiß, was für unser Innerstes in welchem Maße optimal und gesund ist. Auf diese Weise wird es plausibel, warum das rastlose Ich eines Menschen irgendwann durch einen nicht funktionierenden Körper gestoppt wird.

 

Heilung entsteht, wenn die Abwendung des Menschen von der Liebe ein Ende hat

In einem früheren Blogbeitrag zitierte ich einen Satz, den viele Heiler verwenden: "Krankheit ist die Abwesenheit von Liebe". Sollten wir uns selbst von der Liebe abgewendet haben, muss nach den Gesetzen der Dualität auch das Gegenteil möglich sein: Die Entscheidung, sich göttlichen Prinzipien und der allumfassenden Liebe wieder zuzuwenden - erst danach kann der Heilungsprozess eingeleitet werden und Gesundheit entstehen...

 

Ich glaube heute: Es gibt keinen Gott, der uns unsere selbstgeschaffene Disharmonie wegzaubert bzw. der irgendetwas verhindert. Wir haben uns auch leidvolle Erfahrungen selbst gewählt und sind selbst für unser Leben verantwortlich. Und wenn wir uns selbst verurteilen, etwas falsch gemacht zu haben, braucht es die Bereitschaft zur Vergebung. Damit werden wir fähig, auch anderen zu vergeben - ein Verhinderer von Rache, Leid und Krieg.

 

Lediglich der Todeszeitpunkt ist in der Regel "von oben" vorherbestimmt. Was zwischen Geburt und Tod aber stattfindet, das hängt von unseren Taten und dem Verhalten unserer Mitmenschen ab...

 

Deshalb sollten wir uns Gedanken, die wir hegen, bewusst machen und innere Konflikte auflösen. Fangen wir an, an unserem Selbstwert und unserer Selbstliebe zu arbeiten, so dass wir in den Frieden kommen und uns akzeptieren können, so wie wir sind - mit allen unseren "Fehlern" und Schwächen.

 

Danach lassen wir Taten folgen, die geprägt sind von Menschlichkeit, Mitgefühl, Frieden, Wohlwollen, Liebe, Kooperation und Toleranz. Und all das nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern das ganze Jahr über...

 

Ich wünsche allen einen schönen 2. Weihnachtsfeiertag, einen entspannten Jahresausklang und ein frohes neues Jahr :)

 

 

*Ladung = alles, was Disharmonie verursacht, z. B. nicht verarbeitete Konflikte und Gefühle wie Hass, Ängste, Neid usw., aber auch negative Glaubenssätze, zu viel aufgebürdete Verantwortung, Kompromisse leben u.v.m. Weitere Infos hierzu im Buch "Heilung für alles Lebendige" (Autor: Uwe Albrecht)

 

 

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